Der Vorschlag, die Domhöfe und damit die Altstadt durch ein Kinocenter aufzuwerten, hat mir sofort gut gefallen. Meine Gattin und ich gehen gerne ins Kino, jedoch selten in Wetzlar. Hintergrund ist, dass unser bisheriges Kino bei der Attraktivität – um es vorsichtig auszudrücken – noch Luft nach oben hat. Anscheinend wie viele andere Kinogäste auch schätzen wir es, wenn es in unmittelbarer Nähe ansprechende Gastronomie gibt. So kann man z.B. vor dem Film gemeinsam zu Abend essen und danach noch in eine Bar gehen. Die Planungen in Richtung Kinocenter werden deshalb auch ausdrücklich vom Stadt Marketing, der IG Altstadt und der IHK begrüßt.
Das Hin und Her zur Bebauung am Liebfrauenberg hat mich dagegen einigermaßen verwirrt. Die ursprüngliche Konzeption, nämlich zwei schmale Gassen mit einem markanten Gebäude hin zum Eisenmarkt, war für mich sehr ansprechend. Dann kamen aus der Bürgerschaft – vor allem von der Bürgerinitiative – die Hinweise zu dem kleinen Spielplatz mit den vier Linden. Ich habe in der Folgezeit genau hingeschaut, wenn ich dort entlang gegangen bin. Dabei habe ich den Platz als verwaist und wenig attraktiv wahrgenommen. Das könnte im Sommer z.B. daran liegen, dass es unter den Linden mitunter recht klebrig zugehen kann. Die beschriebene, besondere Qualität des Platzes habe ich nie gesehen.
Aber das war ja nur die subjektive Sicht eines Einzelnen. Wenn es dagegen der gemeinsame Wille ist, dass der Platz erhalten wird, ist es nur richtig, wenn dies in Planung Eingang findet. Den Platz durch Vergrößerung des dritten Domhofes unter Wegfall einer der schmalen Gassen in die Konzeption einzubinden, war für mich in dieser Situation ein vertretbarer Kompromiss. Dann ging der Streit aber erst so richtig los. Für die einen ist es ein Drogenumschlagplatz. Für die anderen ein Kleinod und der Erhalt von nur drei der vier Linden nicht akzeptabel. Als ob die vierte Linde der schönste Baum von Wetzlar ist.
Mit dem nun vorliegenden Initiativantrag schwingt das Pendel wieder in die andere Richtung. Die alte Konzeption wird wieder aufgegriffen, parallel sind Ausgleichsmaßnahmen im Altstadtgrüngürtel vorgesehen. Die Freien Wähler werden sich dieser erneuten Änderung anschließen, da sie für uns aus städtebaulicher Sicht am ansprechendsten ist.

 Nun zur Parkplatzfrage:
Durch den Abriss des Stadthauses werden über einen längeren Zeitraum viele Parkplätze in der Altstadt fehlen. Auch ohne diese Maßnahme haben viele schon jetzt ständig das Gefühl, dass Parkplätze echte Mangelware sind. Alleine die Berichterstattung in WNZ zum geplanten Parkhaus soll bei der Stadt zu mehr als 50 Vermietungsanfragen geführt haben.
Ich selbst ertappe mich immer wieder dabei, dass ich bei der Parkplatzsuche erst ein, zwei Runden durch die Altstadt drehe, bevor ich mich in die Tiefgarage im Stadthaus am Dom quäle. Ein modernes Parkhaus könnte hier nicht nur für die Besucher, sondern durch den Wegfall des Parkplatzsuchverkehrs auch für die Anwohner für eine echte Entlastung sorgen. Außerdem entspricht es einer seit längerem aus der Händlerschaft formulierten Forderung. Ebenso werden die Parkhausplanungen von Stadt Marketing und IHK mit Nachdruck begrüßt
Dass bei der Standortsuche für das Parkhaus die Wahl auf die jetzige Kita Marienheim fiel, ist aus meiner Sicht nicht verkehrt. Die Kita ist bereits in die Jahre gekommen und am jetzigen Standort stünden Sanierungsmaßnahmen zumindest für den Brandschutz an. Durch den Umzug erhalten die Kinder und das Personal frisch sanierte Räumlichkeiten und Außenanlagen, die auf dem neuesten Stand sind.
Von durch den Umzug traumatisierten Kindern zu sprechen, halte ich für überzogen. Ich bin seit drei Jahrzehnten ehrenamtlich in der Jugendarbeit aktiv und erlebe gerade kleine Kinder als wahre Entdecker. Neue, reizvolle Umgebungen werden von Ihnen mit großer Freude und Interesse erforscht und gut angenommen.

Nun zur Finanzierung:
Uns war von Anbeginn klar, dass es für die Stadt ein Kraftakt wird. Der nun in der Druckvorlage aufgezeigte Weg ist vernünftig. Indem wir Immobilien entweder auf dem freien Markt, oder an städtische Gesellschaften veräußern, verschaffen wir uns den nötigen Freiraum. Zwei Aspekte möchte ich dabei besonders hervorheben:
Zum Einen werden durch die Veräußerung von acht Objekten mit Mietnutzung an die WWG dort die städtischen Vermietungsaktivitäten weiter gebündelt. Die Veräußerung eines Grundstückes an die WWG zur Errichtung von 60 Mietwohnungen wird zudem den Wohnungsmarkt in Wetzlar entlasten.
Zum Anderen wird durch den Verkauf des Hauses Domplatz 8 der Wechsel der Touristinformation in die Bebauung vor dem neuen Parkhaus eingeleitet. Gäste werden dann die Touristinformation direkt dort vorfinden, wo sie in Altstadt angekommen, nämlich am neuen Parkhaus.

 Es freut mich, dass wir hier über die Partei- bzw. Vereinsgrenzen hinweg, alle an einem Strang ziehen und sogar in die gleiche Richtung. Unabhängig von der politischen Präferenz und der Parteifarbe vereint uns ein Ziel. Wir dienen der Stadt und ihren Bürgern. Wir haben häufig schwierige Abwägungen zwischen Einzelinteressen und Gemeinwohl zu treffen. Über die Argumente und deren Gewichtung lässt sich immer trefflich streiten. Beeindruckend ist hier jedoch für mich, wie sachlich dieser Diskussionsprozess bislang in der Stadtverordnetenversammlung und den anderen Gremien lief.
Wir alle begreifen dieses Konzept als eine große und einmalige Chance für die Altstadt – für Wetzlar insgesamt. Es ist deshalb auch ein Zeichen, wenn wir heute Abend dieses Projekt gemeinsam und einvernehmlich einen großen Schritt weiterbringen – wohlwissend, dass wir in nächster Zeit noch viele Detailfragen intensiv diskutieren werden.
Nicht annährend so sachlich habe ich die Diskussion in den öffentlichen Informationsveranstaltungen wahrgenommen. Ich kann verstehen, wenn Bürger engagiert ihren Standpunkt vertreten und dann einzelne auch mal emotional über das Ziel hinausschießen. Wenn aber Altstadthändler so eingeschüchtert sind, dass sie sich nicht mehr trauen, offen ihre Meinung zu sagen, wenn Magistratsmitglieder unverblümt angefeindet werden, wenn Stadtverordnete wegen ihres Standpunktes bei Facebook beleidigt werden, dann sind dies schlicht und einfach Grenzüberschreitungen. Dies hat nichts mit Bürgerbeteiligung zu tun. Pöbeln ist keine Form der direkten Demokratie!
Hier kann nicht derjenige seine Einzelinteressen durchsetzen, der am lautesten brüllt, sondern hier entscheiden demokratisch gewählte Stadtverordnete nach einer Gesamtabwägung aller vorgetragenen Interessenlagen. Dies ist unser Job und wir haben dies in zahlreichen Sitzungen gut vorbereitet. Dabei haben sich die Stadtverordneten intensiv eingebracht – einige können dabei ihre Erfahrungen aus einer schon mehrere Jahrzehnte andauernden ehrenamtlichen Tätigkeit für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt einbringen.

Ich freue mich deshalb, wenn heute diese Druckvorlage eine breite Zustimmung erfährt.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.